Mohammad Ebrahimi: Bamiyan-Koffer II

Mohammad Ebrahimi: Bamiyan-Koffer II

29. September 2018 Aus Von Ula

Projekt "Fluchten"

Dienstag, 20. Juni 2017

 

"Zurückgelassen habe ich mein Herz."

Koffergespräch mit dem afghanischen Bildhauer Mohammad Ebrahimi

  Heimat, Flucht, Ungewissheit und Zuversicht ... in einem sehr persönlichen Gespräch berichtete der Bildhauer Mohammad Ebrahimi am Weltflüchtlingstag von kultureller und religiöser Vielfalt und von Zerrissenheit und Zerstörung in seinem Heimatland Afghanistan. Seine künstlerische Botschaft hatte er in einem alten, braunen Reisekoffer mitgebracht: Eine Nachbildung der Unesco-Welterbestätte „Bamiyan“.
Buddhistische Mönche hatten vor 1500 Jahren im zentralafghanischen Hochland zwei 50 und 35 Meter hohe Buddha-Statuen in die Sandsteinfelsen gemeißelt  und die Gebirgshöhlen mit bunten Wandmalereien versehen. Der Buddhismus ist in Afghanistan seit tausend Jahren Vergangenheit und Abbildungen Buddhas wurden immer wieder attackiert. 2001 wurde das monumentale Weltkulturerbe „Bamiyan“ von den Taliban gesprengt, eine Restaurierung erscheint angesichts der Ausmaße der Zerstörung nicht möglich.
Mohammad Ebrahimi war als ausgebildeter Steinmetz an ersten Restaurierungs-versuchen beteiligt. Als sich die politische Lage im Land zuspitzte und er als Angehöriger einer ethnischen Minderheit um sein Leben fürchten musste, entschloss er sich vor sechs Jahren zur Flucht. Im Gepäck war ein kleiner Diplomatenkoffer, in den er in seiner neuen Heimat Köln die erste Bamiyan-Nachbildung hinein modellierte. Eine unversehrte Buddha-Statue steht darin neben einer Felswand, in der eine leere Nische zu sehen ist.
In einem alten Reisekoffer baute er diese Szene weiter aus: Die Statue steht nun vor einer Kirche neben dem Felsen, Öffnungen in der Felswand geben den Blick auf bunte Wandmalereien frei, das Herz des Buddhas liegt in der großen leeren Nische.
Nach sehr offenen und oftmals berührenden Antworten auf Fragen über seine Heimat, über seine Kunst, über eine Zukunft in Deutschland, über Zweifel und Verlust, entließ Mohammad Ebrahimi die Besucherinnen und Besucher des Koffergesprächs mit den Worten „Zurückgelassen habe ich mein Herz …“. Mitgenommen haben sie seinen Wunsch, den Koffer der ganzen Welt zu zeigen und die damit verbundenen Geschichten weiter zu erzählen.
Der Bamiyan-Koffer ist eines von 12 Objekten, die im Rahmen des Kunstprojekts „Fluchten“ entstanden sind. Der Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln initiierte die Aktion, die einzelnen Ausstellungen werden von  Projektleiter Ludger Hengefeld und Kurator Dr. Johannes Stahl begleitet. In Remscheid übersetzte Ebrahimis iranische Künstlerkollegin Zahra Hassanabadi das Koffergespräch für die Gäste.
Der Koffer „Bamiyan II“ wurde bis zum 1. Juli 2017 in der Zentralbibliothek ausgestellt.